SharePoint Virtual Summit 2018 – Zurück in die Zukunft ohne on-prem

Am 21. Mai 2018 fand der diesjährige SharePoint Virtual Summit 2018 statt und bestätigt die Regelmäßigkeit dieser Veranstaltung als durchaus wichtiges Ankündigungsevent für alle Interessierten. Zusammen mit der allumfassenden Ignite, die immer im Herbst steigt, ergibt sich damit eine schöne wechselseitige Neuheitenshow für SharePoint. Neues gab es einiges im Detail, viel interessanter ist aber gerade für die deutsche, traditionell cloud-averse Kundschaft wohl, was man nicht gesehen hat.

Im Rahmen der SharePoint Conference North America im lauschigen Las Vegas war der Virtual Summit gleichzeitig die Opening Keynote der Konferenz. Wer auch nur im Entferntesten etwas mit der Strategie im Unternehmen zu tun hat, wie SharePoint genutzt, strategisch platziert und fachlich eingesetzt wird, sollte mal knapp zwei Stunden investieren und sich die gesamte Veranstaltung selbst anschauen. Da sieht man nämlich die Neuerungen auch gleich im Detail und einiges besser, als sie der handelsübliche Nachplapperblog wiederkäuen kann. Zur Aufzeichnung der Keynote gelangt man hier.

Was gab es Neues auf dem SharePoint Virtual Summit 2018?

Für die Kurzversion deutlich unter zwei Stunden kommt hier eine schnelle Bulletliste mit ein paar zentralen Punkten, die vorgestellt wurden:

  • SharePoint spaces – Eine SharePoint Site wird durch spaces (sic!) durch die Unity-3D-Engine im Browser zu einem virtuellen Diorama. Dabei ist so ein space die dreidimensionale Entsprechung einer SharePoint Modern Page.
  • Personalisierte Suche über den Graph
  • Suchexperience in der mobilen App
  • Externe Quellen für die Suche in SharePoint Online
  • Trainings werden direkt von Microsoft in eine Communication Site gepusht, sodass man ständig eine aktuelle unternehmensinterne Lernplattform hat
  • Neue Row-Formatter für Listen
  • Neuer, eingebauter Approval-Workflow über Flow direkt in den Modern Pages. Dieser ersetzt das ewig alte „Approval“ über die Listen- bzw. Bibliothekseinstellungen.
  • Metadaten in Modern Pages
  • KI-Unterstützung für die Beurteilung von Informationen
  • Vereinfachungen für das Erstellen, Kopieren und Bereitstellen von Listen als Vorlagen
  • Direktes Copy&Paste von Excel-Daten in den Browser um Listen zu erstellen
  • Echtzeitupdates in Listen und Bibliotheken
  • Direkte Planner-Integration in SharePoint-Listen
  • Neue Spaltentypen (Location)
  • Insights aus Listendaten direkt in Power BI und cloudbasierten Datenmodellen
  • Azure-connected WebParts mit SPFx
  • SharePoint Framework WebParts als Tabs in Teams
  • Verbesserungen im neuen Admin Center
  • Security und Compliance Center Anpassungen für GDPR
  • Dieses dödelige kleine Migrationstool um Inhalte nach SharePoint Online zu bekommen
  • OneDrive und Windows Defender arbeiten zusammen, um Ransomware vom Rechner fernzuhalten bzw. beschädigte Dateien wieder herzustellen.
  • Diverse weitere Kleinigkeiten, die Lücken füllen oder Dinge einfacher/runder machen.

Einen umfassenderen Überblick mit vielen Beispielbildern gibt es drüben in der Techcommunity, der verstörender Weise mit „What’s new for your intranet in Office 365“ überschrieben ist.

SharePoint online ist zurück im Geschäft des Informationslebenszyklus…

Womit wir (endlich) beim eigentlichen Thema wären. Denn nahezu alle vorgestellten Neuerungen und Entwicklungen waren keine Revolutionen bis zu einem gewissen Grad auf spaces (dazu gleich mehr). Wir reden hier von vielen kleinen Detailverbesserungen, Schließen von Lücken, Zusammenführen und Ergänzen von Bedienkonzepten und Anwendungsmöglichkeiten. Klingt langweilig, ist es aber ganz und gar nicht, denn viele der vorgestellten Dinge sind die Behebung so typischer Nervfaktoren von SharePoint, sodass das ganze Produkt auf einmal wieder Raum für Anwendungsfälle aufzeigt, die man gerne nutzen möchte.

Und so passiert etwas ganz Seltsames: Hat sich SharePoint in den letzten Jahren unter der Dominanz des Hypes von Teams eher als Technologielieferant für das Speichern von Dateien in Groups und allen davon abhängigen Provisionierungen untergeordnet, erlebt es für die Anwendungsfallklassen Publishing und Ablage auf einmal wieder eine ganz neue Blüte. Saß der Gesamtfokus oftmals stark auf der Kollaboration, kommen fast vergessene Konzepte wie Metadaten, Portalstrukturen, Navigation, Prozessunterstützung und damit auch Lebenszyklen von Informationen und Dokumenten wieder auf die Tagesordnung, weil die angekündigten Features das, was man gemeinhin als „Intranet“ bezeichnet, gehörig wiederbelebt.

„Intranet“ meint damit tatsächlich ein Konzept, welches eine frische Denke für die Organisation von Daten im Bereich des Publishings präsentiert. Mit den mittlerweile ausgerollten Hub Sites ergibt sich eine vollkommen neue Art dafür. Das ist allerdings kein obligatorischer Microsoft-Sprech aus der Vertriebsabteilung, sondern eine Umkehrung dessen, wie viele Intranets in Firmen funktionieren: Aus top-bottom-Kommunikation wird eine Art bottom-up, welches sich natürlich in die restlichen Mechanismen der Gesamtplattform einfügt (beispielsweise Draft-Bearbeiten-Veröffentlichen-Bearbeiten-Veröffentlichen-Ablage-Löschen). Ich hoffe, in der nächsten Zeit diesen Gedanken mal in einem weiteren Artikel weiter ausführen zu können.

Schön ist dabei, dass (fast) kein Feature dabei den Anwendungsfall überhebt und sich damit keine Mechanismen schafft, mit denen keiner etwas anfangen kann und welche die Werkzeugpalette unnötig aufblähen. Die vorgestellten Punkte wecken in mir nur das Gefühl, dass ich Lust habe, mit ihnen zu arbeiten und zu nahezu jedem davon direkt diverse reale Anwendungsfälle bei meinen Kunden vor Augen habe, die uns da gehörig weiterhelfen können.

SharePoint spaces hingegen sieht aus wie ein Feature, welches unter großem Getöse aus dem Ei gekrochen kommt und noch nach seinen Use Cases suchen muss. Mir ist nach wie vor nicht ganz klar, warum man im Onboarding eines Mitarbeiters die Organisationsstruktur nun im (halb-)virtuellen Raum vor sich aufbauen muss. Der visuelle Gag ist ja ganz witzig, aber in Anbetracht geringer Verfügbarkeitsraten von 3D-Brillen im Büro und der minimalen Erstellung von Assets/Produkten/wasauchimmer in Paint3D scheint die Zeit der sinnvollen Nutzung noch etwas früh zu sein. Die Technik finde ich persönlich beeindruckend, erstaunlich,  was mittlerweile im Browser so geht. Dennoch fühlt sie sich an dieser Stelle etwas nach Hype-Train an.

SharePoint spaces
SharePoint spaces, Quelle Keynote Video, s.o,

Letztlich kann ich mir einen wirklichen Vorteil tatsächlich dann vorstellen, wenn in einem Unternehmen bereits viele Modelle in 3D vorliegen und diese verwaltet werden möchten. Das bedeutet, dass sich die flache Bildschirmscheibe zur Ansicht um eine Dimension erweitert, die eigentlich Anwendungsfälle für eine solche SharePoint-Site aber nach wie vor dieselben sind: Publishing, Dokumentenlebenszyklus, Ablage.

…und SharePoint on-prem wird immer mehr ein buckliges Mauerblümchen.

Bisher war nur von SharePoint Online die Rede. Die Informationen zum neuen SharePoint Server 2019 waren marginal und bestanden weitestgehend daraus, dass viel vom alten Code refactored wurde, um ihn auch für Cloudservices auszurichten. Michael Greth fasste das in seiner Reaktion auf Facebook sehr gut zusammen:

Reaktion Michael Greth
Reaktion Michael Greth

Da irgendjemand sagte, dass man unbedingt mehr Memes in seinem Blog verwenden sollte und ich die Tristesse nun auch nicht besser anders beschreiben kann, kommt hier dazu meine kleine, plumpe Visualisierung des Stands der Dinge:

Zugegeben, das ist weder sonderlich lustig noch kreativ. Das ist die Situation für den SharePoint Server 2019 allerdings auch nicht. Verglichen mit den Innovationen und Features für die Version in Office 365 ist das bisher ein maximal spaßbefreites Nachziehen einiger Dinge, deren Entwicklungsstand schon etwas älter ist. Ja, es gibt Modern Pages und SharePoint Framework, der Großteil der Innovation scheint allerdings in der Möglichkeit zu sitzen, über die Hybrid-Architektur noch irgendwie etwas Innovatives durch Office 365 zu retten.

Natürlich gibt es auch im Jahr 2019 noch gute Gründe, einen SharePoint on-prem-Server einzuführen. Aber wenn man sich die mal etwas genauer anschaut, sind das im Kern immer noch dieselben, welche die Salesconsulting-Schar interessierten Kunden anno 2009 im großen Feature-Kringel kredenzt hat.

Machen wir uns also nichts vor, Microsoft hat die Entwicklung genau so stattfinden lassen, wie sie es vor einigen Jahren auch angekündigt haben: On-prem ist und bleibt seit dem Paradigmenwechsel in der Entwicklung ein Abklatsch dessen, was technisch und vertrieblich irgendwie noch auf einen Windows Server passt. Nicht mehr und auch nicht weniger.

Letztlich muss der Wurm aber dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Allerdings sind in den letzten Monaten Office365-Widerstände in Unternehmen gebröckelt, bei denen ich das niemals für möglich gehalten hätte. Ich bin sehr gespannt auf die kommenden Projekte in den kommenden Monaten. 

 

Quelle Titelbild: https://pixabay.com/de/ufo-au%C3%9Ferirdischer-raumschiff-3d-2559133/

Die Memes werden eingebunden von https://imgflip.com/

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