Als im Laufe des Jahres 2012 die Details zum Funktionsumfang des SharePoint Server 2013 ans Licht kamen, sorgte ein bestimmtes Thema immer wieder für Schweißperlen auf der Kundenstirn und auch bei so manchem Kollegen: Nicht die freudige Frage „Was gibts denn schönes Neues?“ sondern eher „Was fällt denn alles weg und was betrifft uns um Himmels Willen?“ war so das ein oder andere Mal das viel spannendere Thema. Nichts anderes passiert gerade im Moment, denn die ersten Feature-Opfer sind bereits zu beklagen.
Die erste Preview von SharePoint 2016 aus dem August war ja eher wirklich als First Look für Techniker und maximal IT Pros gedacht. Selbst ich drosselte meinen Output hier gewaltig, denn eigentlich gab es nicht so fürchterlich viel zu erzählen zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls deutlich weniger als ich angenommen hatte. Die kleinen Änderungen bezüglich des Layouts kennt man schon eingie Zeit aus Office365 und die Verteiloptionen und Serverauslegungen fühlen sich noch arg im Rohbau an.
Also lasst uns doch einen Blick auf die Bestandteile werfen, die Microsoft bereits öffentlich zum Schafott geführt hat und ein bisschen darüber philosophieren, was das letztlich über das zu erwartende Produkt aussagt und was es für Migrationen und ähnliches bedeutet.
SharePoint Foundation
Fangen wir mit der ungeliebten Version für die Billigheimer an. Ich habe die Foundation ehrlich gesagt nie verstanden. Man bekommt mit einer SharePoint Foundation rudimentäre Funktionen in rudimentärer Umgebung ohne alles, was den Server ausmacht, außer vielleicht ein paar wenigen Basisfunktionen. Zur Nutzung als Demoversion zu beschnitten, für alles andere schlicht untauglich – lediglich wenn ein anderes System SharePoint noch als Frontend für das Web Publishing benötigt, macht es vielleicht kostenmäßig manchmal Sinn. Aber mal ganz im Ernst: Braucht meines Erachtens kein Mensch. Und wenn, sollte sich derjenige Gedanken machen, ob das wirklich so sinnvoll ist, was er da tut. Auf dem Level gibt es für gewöhnlich sehr viel bessere Software anderswo.
Microsoft sagt öffentlich nicht viel über die Gründe, warum die Foundation verschwindet. Ich sehe es als ein Zeichen, dass SharePoint sich in seiner Infrastruktur schlussendlich und unausweichlich so positioniert, dass es einfach keinen Sinn mehr macht, eine „kleine Version für umme“ da herausschnippeln zu wollen.
Wenn SharePoint eines nicht braucht, dann sind das noch ein paar von diesen Minimalst-Krüppel-Installationen da draußen, die gerade so (über)leben, wenn man es ehrlich betrachtet aber schon eine äußerst traurige Existenz fristen. Wenn Microsoft – siehe weiter unten – wirklich endlich richtig ernst macht ist dieses Szenario einfach nicht mehr im Scope der Software. Ich glaube, das tut dem Server gut und vermissen wird es auch niemand. Erst recht nicht der Vertrieb der Schergen aus Redmond.
Standalone Install Mode
Dieser Modus schlägt in meinen Augen in dieselbe Kerbe wie die Foundation: Braucht in dieser Form kein Mensch. Oftmals als halbgare SQL Server Express Unterstützung verwendet, macht das mit der Fokussierung von Funktionen auf leistungsstarke Services keinen Sinn. Über die Jahre und Versionen haben immer mehr Features von SharePoint ihre Wurzeln bzw. ihre eigentliche Funktion im SQL Server 2012+ liegen. Was beim BI Stack immer offensichtlicher wird (möchte man so etwas wie PowerBI wirklich als Service auf seinen Frontend Servern laufen haben? Ich denke aus naheliegenden Gründen: nein. ) hat bereits vorher seine Entsprechung bei Themen wie Shredded Storage oder diverse Zusatzservices gehabt.
Auch hier gilt: Lasst die Komponenten die Aufgabe machen, die spezialisiert sind und das auch können. Ich glaube, die Zeit von Fuddel-Lösungen sind selbst für Test- und Demoinstallationen einfach vorbei und das Produkt schält sich gepflegt heraus indem solche Überbleibsel einfach aus den Architekturen verschwinden. Eine Demomaschine ist mit den fertigen Templates von Azure in Windeseile eingerichtet, es gibt schlicht keinen Sinn mehr, eine solche Konstruktion mit beschränkten Editionen zu fahren.
Forefront Identity Manager
Nun, jetzt wird es schon etwas interessanter. Seit SharePoint 2010 hat sich eigentlich die Art der Benutzerprofilsynchronisierung mit dem FIM und FIM Syncronization Service als Standard durchgesetzt, auch wenn der gesamte Funktionsumfang dieser Variante selten bis nie genutzt wurde. Das Zurückschreiben ins AD war entweder selten angefragt, über die Integration der MySite sperrig bis nahezu nicht zu erklären und – wenn man mal ehrlich ist – haben alle, die hinter den Fronten arbeiten, viel zu viel Zeit damit verbracht, den Synchronization Service auf dem Server zu starten, Kaffee trinken zu gehen und zum Identity-Gott zu beten, dass alles gut geht. Auch wenn spätestens nach dem Service Pack 2 für SharePoint 2010 es meistens dann die eigene Dusseligkeit oder fehlende Rechte waren, wenn es auf die Nase fiel – das integrierte FIM-Produkt war sperrig und immer ein wenig vertrauensvoller Fremdkörper im Gesamtgefüge.
Letztlich folgt auch diese Entscheidung dem vorangegangenen Credo: Weg mit Kompromisslösungen, her mit entweder ganz einfach oder wenn dann richtig. Der Active Directory Import reicht in den meisten Fällen tatsächlich aus, in allen anderen gibt es den Forefront Identity Manager als richtiges, volles Produkt, welches dann auch mit dem nötigen Ernst, voller Governnance und Awareness durch die eigene IT Administration zu laufen hat. Microsoft hat angekündigt, hier entsprechende Tools bereitzustellen, wie man eine solche Einrichtung entsprechend vornimmt. Das finde ich ein lohnenswertes Vorhaben, ich zumindest kenne nicht viele Kollegen, die von sich sagen können, einen solchen Identity Provider mal eben ratzfatz installiert, aufgebaut und eingerichtet zu haben. Interessant auch, dass hier explizit weitere Drittanbieterlösungen genannt werden, die verwendet werden können/sollen,
Excel Services
Rumms. Das muss man mal kurz zitieren:
The following Excel Services functionality has been deprecated:
- Trusted data providers
- Trusted file locations
- Trusted data connection libraries
- Unattended service account
- Excel Services Windows PowerShell cmdlets
- Opening of Excel workbooks from SharePoint Central Administration site
The following Excel Services functionality requires Excel Online in Office Online Server Preview:
- Viewing and editing Excel workbooks in a browser (with or without the Data Model)
- Excel Web Access web part for SharePoint
- ODC file support (no longer requires Data Connection Librariees)
- Programmability features such as JavaScript OM, User Defined Function Assemblies, SOAP and REST protocol support
Ich habe in letzter Zeit viel mit den Excel Service gemacht und brauchte auch hier in der Anfangszeit von SharePoint 2010 eine ganze Weile, Excel und diesen Service als eigentlich die beste Geheimwaffe für BI Dashboards zu akzeptieren: Kann jeder, kann alles, kann Daten von draußen, ist sicher und alles andere braucht man eigentlich fast nicht. Auch wenn mit den Performance Point Services andere Möglichkeiten zur Visualisierung zur Verfügung stehen, ist die Verwendung des Spezialisten Excels mit all seiner – nunja – Herrlichkeit meistens schneller, einfacher, flexibler und oftmals sinnvoller.
Aber auch hier macht das nach etwas überlegen Sinn: weg mit dem Kram von den SharePoint Servern, keine Last durch komplexe Abfragen auf gigantischen Workbooks. Lasst die Komponente das machen, die genau dafür da ist und verringert die Redundanz der Funktionen.
Doch jetzt kommt hier bei der von Microsoft genannten Alternative dafür natürlich das böse Wörtchen „Online“ ins Spiel, welches für gewöhnlich zu heftigen Beißreflexen bei so manchem Entscheidern führen kann. Aber auch dabei macht das Entfernen vollkommen Sinn um den SharePoint Server darauf zu fokussieren, was sein ureigenes Metier ist. Wer alles selber machen will, macht nachher nichts richtig, wer Profis für den jeweiligen Job zusammenbringt und das zu koordinieren weiß, der kommt ggf. eher auf einen grünen Zweig.
Der Rest vom Fest
Weiterhin fehlen aufgrund einiger Abhängigkeiten im Moment noch einige BI Funktionen, die aber später wieder mit hinzugefügt werden. Was allerdings endgültig stirbt sind die Tags and Notes, die zum einen eh keiner benutzt hat, zum anderen in dieser Form einfach auch nicht mehr stattfinden. Interessant wird es noch, wenn in Office365 und Groups weiter ihre Symbiose vollführen – warum sollte ich keine Hashtags verwenden, wenn ich eine Email schreibe? Wo landet das ganze dann? Wer wird dann in Sachen Persistenz führend? Nicht ganz einfach, es könnte interessant werden, was hier insbesondere online passiert.
Ein erstes subjektives Zwischenfazit
Liebe Freunde, es war manchmal schön mit Euch, aber es ist nun wirklich Zeit für Euch, zu gehen.
Die Features, die Microsoft hier als deprecated markiert, machen aus einer Professionalisierungssicht und unter Governance- und Architekturgründen absolut Sinn. Hier werden sowohl Consultants, Enterprise Architects der mannigfaltigen Dienstleister sowie die eigene Administration nebst IT Entscheider auf den Pott gesetzt, SharePoint als Plattform ernst zu nehmen oder – wenn der Aufwand einer Installation auf Enterpriselevel mit allen Seitenaufwänden von Dokumentation bis Governance nicht zur Debatte steht – auf Office 365 zu wechseln. Der übliche Schmuh steht einfach nicht mehr zur Verfügung, sodass es keinen Grund mehr gibt, featureseitig seine Farmen an Best Practices vorbei zu designen.Denkt man diesen Gedanken weiter, stößt man irgendwann mal an den ursprünglichen Gedanken der Service Applications und wie sie Funktionen in sich kapseln um diese dem SharePoint zur Verfügung zu stellen, gerade die zur Enterprise gehörigen. Wenn nach und nach rein fachliche Services (BI, Funktionalität) zu anderen Systemen herüberwandern und SharePoint einfach nur der Klebstoff zwischen diesen Bestandteilen ist (durch das App Modell weiter forciert), kann das dem Produkt aus meiner Sicht nur gut tun. Der ehemalige Moloch konzentriert sich dann aufs Wesentliche und macht das hoffentlich richtig.
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